Seit es die digitale Fotografie gibt und diese zu einem wahren Boom des Mediums „Fotografie“ geführt hat, wird von diversen Journalisten, Wissenschaftlern und Künstlern von Zeit zu Zeit der Tod der Fotografie ausgerufen. Auf den ersten Blick klingt dies wie ein Widerspruch, ergibt auf den zweiten Blick aber durchaus Sinn. Die Entwicklung der digitalen Fotografie geht einher mit der Entwicklung des bewegten Bildes. Der Film wurde digital und die Auflösung des Filmes wurde durch die Abkehr von PAL/VGA und der Zuwendung zu HD und Full-HD nach oben geschraubt. Plötzlich existierten bewegte Bilder mit einer „hohen“ Auflösung – einer Auflösung, wie sie vor ein paar Jahren bei digitalen Fotos noch Standard war. Warum als noch fotografieren, wenn man aus bewegten Bildern Standbilder extrahieren kann?
Kameras wurden leistungsfähiger, die Bildfolgen kürzer und die Speicherung von Unmengen von Bildern unproblematisch. Jeder Mensch konnte filmen/fotografieren und speichern was immer er wollte. Über Internet können Bilder für jedermann zugänglich gemacht werden: das Bild als öffentliches Gut. Warum noch selber Bilder machen, wenn es praktisch von jeder Ecke dieser Welt eine Aufnahme gibt?
Und dann kam Google! Kameras wurden auf Autos geschnallt – eine Flut von Bildern geschossen. Ganze Kamera-Cluster werden durch die Gegend gefahren, um ja keine Ecke zu vergessen. Die totale Transparenz!
Und genau diesen Trend haben sich zwei Künstler zu Nutze gemacht – warum noch selber fotografieren, wenn man „Kunstwerke“ aus öffentlich zugänglichen Bilder extrahieren kann. Michael Wolf und Doug Rickard verwenden dazu Bilder von Google Street und extrahieren daraus Teile bzw. ganze Bilder und präsentieren sie als Kunstobjekte. „Street View: A Series of Unfortunate Events“ nennt sich dieses Projekt und wurde soeben im Rahmen des renommierten Wettbewerbs „World Press Photo“ lobend hervorgehoben.
Das Projekt hat einen Sturm der Endrüstung hervorgerufen – „das ist nicht mehr Fotografie!“, war die Meinung vieler Betrachter.
Kunst muss provozieren….und so hat dieses Projekt wohl genau das erreicht was es wollte: es hat zum Denken angeregt, zum Hinterfragen des Mediums „Fotografie“. Ist die Fotografie nun tot? Bildet Euch selber eine Meinung…auf Kommentare bin ich sehr gespannt!
Links: Michael Wolf | Doug Rickard
LiK