In unregelmäßigen Abständen wird es auf meinem Blog von nun an Beiträge anderer Fotografen geben. Eine neue Serie sollte man immer mit einem riesigen Knall starten – so auch hier. Einen Beitrag den ich einfach nur wunderbar finde… Wenn auch ihr Lust habt einen Beitrag für meinen Blog zu schreiben, dann meldet euch einfach bei mir.
Der nachfolgende Text ist ein Gastbeitrag von Sven Tetzlaff. Mehr über den Autor findet ihr am Ende des Beitrages. Das Copyright des Textes und der Bilder liegt beim Autor.
Taugt die was ? Von Sägen, Hobeln und Pfannen.
Menschen mit Fotoapparaten sind … Ja, was eigentlich? Vereinfacht man die öffentliche Wahrnehmung, dann sind Menschen mit Kameras – vor allem Besitzer von Kameras. Je größer dieser Apparat ist, desto “professioneller” muss der Besitzer sein. Zwar käme kaum jemand auf den Gedanken, einen Koch über seine Töpfe oder einen Tischler über seine Sägen zu definieren – also einen X-Topf-Besitzer oder Y-Sägen-Besitzer. Im “professionell” steckt zu allem Überfluss noch, dass er mit der Kamera irgendwas berufliches anstellt. Und wenn man etwas beruflich macht, so die Konklusion, dann macht man es immer besonders gut und ansonsten eben nicht. Besitzt man also X oder Y, dann ist man natürlich automatisch “professionell”, sonst würde man so etwas ja nicht sein Eigentum nennen. Natürlich weiß jeder, dass dies völliger Unsinn ist. Schaut man sich seine Bilder an, die vor etlichen Jahren der Schulfotograf (“professionell”) geschossen hat, dann könnte man sogar auf den Gedanken kommen, dass … ach lassen wir das besser.
Birdwatcher in Hangzhou im Essigpflaumengarten (fotografiert mit Canon 5DMkII).
Es ist wie mit dem genannten Koch oder dem Tischler, wenn diese nicht mit Liebe hinter ihrem Beruf stehen, dann wird das nichts. Und zu dieser Liebe gehört nunmal auch eine gewisse Zuneigung – bis hin zur Abhängigkeit – zu seinen Werkzeugen. Also den Töpfen, den Messern bzw. Hobeln, Sägen, und was es da noch so alles gibt. Und um das ultimative Essen zuzubereiten, das perfekte Möbel abzuliefern, ist nicht zwingend der Besitz des teuersten, bekanntesten, verbreitetsten Werkzeuges notwendig. Das kann auch ein unscheinbarer Hobel oder eine oifige schmiedeeiserne Pfanne sein, welche schon seit Generationen weitergereicht wurden. Im Prinzip gilt das auch für Fotografen-Werkzeuge. Doch so wie der elektrische Strom die Küche oder die Tischlerwerkstatt verändert haben, so hat die Digitaltechnik das alte Fotografenhandwerk gründlich umgekrempelt (und dafür bin ich sehr dankbar – gleichwohl ich auch heute noch gerne analog fotografiere).
LinYin-Tempel Hangzhou (Fotografiert mit Canon 5DMkII).
Jedoch, diese alten Werkzeuge hatten tradierte Formen und stille Übereinkünfte hinsichtlich der Handhabung, die man in keinem Handbuch suchen musste. Es mag sein, dass ein Hobel oder eine Pfanne Bedienungsanleitungen haben, aber eigentlich braucht man die nicht (oder?). Es ist einfach klar was zu tun ist und wie man sie benutzt. Und je besser – also handlicher die Formgebung, und je intuitiver die Bedienung ist, desto einfacher ist es für den Koch, Tischler und den Fotografen zu seinem richtigen, guten und schönen Produkt zu kommen – vorausgesetzt, man versteht sein Handwerk selbst. Im Umkehrschluss, je weniger intuitiv und je unwilliger ich mit meinen Werkzeugen arbeite, desto mehr muss ich achtgeben, und umso mehr wird meine Kreativität eingeschränkt. Das ist ein universelles Gesetz und gilt ohne Ausnahme bei allem, was wir mit Werkzeugen erschaffen. Der geneigte Leser kann sich jetzt den Spass machen und diverse aktuelle Gadgets, Software, Betriebssysteme oder Gebrauchsgegenstände nach diesem Gesetz abklopfen.
Am Ende zählt, WAS er aus seiner Zeit “gemacht” (erschaffen) hat – und nicht, WOMIT er sie verbracht hat.
Das eigentliche Problem dabei, es wird mir durch unzureichende oder unbefriedigende Werkzeuge Zeit gestohlen. Doch meine Zeit ist limitiert. Und wegen dieses Limits gehört sie zu dem wertvollsten Gut, das ich besitze. Und damit ist eigentlich auch klar, dass es völlig egal ist, ob ein Fotograf seine “berufliche” Zeit oder seine Freizeit verschwendet. Am Ende zählt, WAS er aus seiner Zeit “gemacht” (erschaffen) hat – und nicht, WOMIT er sie verbracht hat.
Leica M mit Ledertasche – sieht einfach geil aus!
Mein Beruf ist Fotojournalist, was soviel bedeutet, dass ich die Bilder zu meinen Artikeln gleich mitliefere. Mein Hobby ist das Fotografieren. Zwischen beidem gibt es viele Überschneidungen. Dennoch ist es nicht ganz genau das gleiche. Die Motive, die ich in meiner Freizeit fotografiere, werden es vermutlich nie in eine Zeitschrift schaffen – und sollen es eigentlich auch nicht. Meine privaten Motive finde ich z.B. morgens am See, wo ich die Leute beim TaiChi beobachte, auf Nachtmärkten, auf Veranstaltungen, beim Reisen und von den vorangegangenen Sujets etwas abweichend, bei der Tanzfotografie. Entsprechend war für mich die Entscheidung, mir fürs Privatvergnügen eine Leica M (Typ 240) zu zuzulegen (kaufen sagt man bei den Preisen ja nicht mehr), naheliegend – da man diese Sujets ja gerne mit klassischer Leicafotografie verbindet. Beruflich wiederum besuche ich Firmen, Fabriken, Messen, Projekte oder irgendwelche Events, interviewe Entscheider und ähnliches mehr. Trotz der genannten Überschneidungen hab ich den Gedanken, die M beruflich zu nutzen, anfangs zurückgestellt.
Morgens am Westsee in Hangzhou (fotografiert mit Leica M).
Es gibt da ja dieses recht bekannte Video von Mark Zaretti, von dem ich mich tatsächlich ein bisschen beeinflussen lassen habe. Zu Unrecht, wie ich jetzt weiß. Dabei ist es eigentlich kurios, man mag Mark immerzu zustimmen, dennoch ist meine Konklusion heute eine völlig andere. Der ursprüngliche Denkfehler liegt in dem was ich Eingangs sagte. Entscheidend ist nämlich: Wie viel Lebenszeit muss ich für ein Werk spenden, das meinen Ansprüchen genügt, das mich befriedigt und das auch andere (privat und beruflich) überzeugt. Der ganze technische Kram ist am Ende, wenn ich beide Produkte – oder besser Werke – nebeneinander lege, völlig belanglos. Mit ein wenig Spaß und zu viel Geld, hätte man Marks Endorphine, das Oxytycin, das Adrenalin, den Blutdruck und die Herzfrequenz während des Tests messen können. Tatsächlich präsentiert Mark unbewusst seine Körper-Werte ja auch ständig rein verbal mit “This is your joy ride – not your work horse.” oder “It fits in the hand so well…everything is just perfect.” oder “wow its phantastic …”. Das sind alles Beschreibungen, die weder mir noch ihm zu seiner DSLR einfallen würden. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann hat Mark die Kamera nur für eine sehr kurze Zeit geliehen. Und das ist wohl auch der Punkt. Mit etwas mehr Zeit, einer intensiveren Einarbeitung und vor allem mit der selbstauferlegten Bedingung, völlig unvoreingenommen zu sein, bekommt man nämlich die Widersprüche zwischen seinen enthusiastischen Kommentaren und seinem so gänzlich anderen Fazit aufgelöst.
Rundgang der Offiziellen auf der CEEC in Beijing (fotografiert mit Leica MM)
Wie gesagt, ich war auch skeptisch was den Einsatz der M im alltäglichen Geschäft betrifft. Wollte es dann aber doch wissen. Die ideale Gelegenheit ergab sich mit zwei aufeinanderfolgenden Businesstrips, zuerst zur SNEC Messe nach Shanghai und dann gleich drauf zu einer einwöchigen Firmentour nach Taiwan. Bis dahin hatte ich die M ausschliesslich privat genutzt. Während dieser ersten Zeit habe ich mich sehr schnell an die Limits und an die Möglichkeiten der M herangetastet. Ich fotografiere auch analog mit einer Rangefinder-Kamera, die den Spitznamen “Texas-Leica” weghat. Wer die kennt, der weiss auch warum sie diesen nicht schmeichelhaft gemeinten Namen trägt. Allerdings sind sich die beiden Kameras in der Handhabung tatsächlich so dermassen ähnlich, dass es fast schon unheimlich war. Zuerst bin ich erst gar nicht auf den Gedanken gekommen, die Vorzüge der Digitaltechnik der M zu nutzen. Also nicht aufs Display geschaut, A-Priorität nicht genutzt und zweimal hab ich sogar den Handbelichtungsmesser gezückt – mittenmang von ein paar Fotografenfreunden, mit denen ich mich morgens am See getroffen hatte. Ich hab das nicht aufgeklärt, daher kann mir jetzt vorstellen, dass einige von denen tatsächlich denken, dass die M keinen internen Belichtungsmesser hat. Die wesentliche Erkenntnis, welche sich sofort einstellt, ist: alles dauert länger. Ein scheinbarer Widerspruch zu dem bereits gesagten, aber ich klär das später auf.
Die wesentliche Erkenntnis, welche sich sofort einstellt, ist: alles dauert länger.
Mangels Autofokus hab ich nur begrenzte Möglichkeiten ein technisch scharfes Foto zu machen. Ich kann mit der Hyperfokaldistanz rummachen, wie dies bekannte Streetfotografen ja auch gerne tun. Dann fehlt mir natürlich die Möglichkeit, mit der Blende zu gestalten. Andererseits habe ich die Möglichkeit präzise und so schnell es eben geht, manuell zu fokussieren. Die positive Nachricht ist, es geht manuell schneller als man eigentlich denkt. Dennoch, man ist selten so schnell wie mit einem Autofokus. Bei ganz offener Blende kommt hinzu, dass es schnell passiert, dass beim Focus & Recompose, das Motiv wegen der sich ergebenden Parallaxe – wenn das Motiv nicht bildmittig ist – aus dem Schärfebereich heraustreten kann. Mir ist das oft genug passiert und da hilft letztlich einfach nur solange zu üben, bis man ein Gefühl dafür bekommt, wie weit man es treiben kann. Eine weitere Schwierigkeit ist die gewünschte Belichtungszeit. Die Messwertaufnahme erfolgt in der Bildmitte. Will ich aber diesen gerade nicht haben, dann nehme ich den Messwert woanders auf und zwar indem ich den Auslöser halbgedrückt halte. Das ist, wenn man bei den DSLRs genau dieses Vorgehen für die Autofokuseinstellung benutzt hat, enorm verwirrend. Jeder findet da wahrscheinlich seinen eigenen Weg, ich benutze mittlerweile überwiegend die Blendenpriorität in Kombination mit der manuellen Belichtungskorrektur. Tatsächlich besitzt die M auch die anderen von DSLR bekannten Messwertaufnahmen wie Spot und Mehrfeld, aber ich bin nach langer Probiererei dann doch immer wieder zu der klassischen mittenbetonten Messwertaufnahme zurückgekehrt.
Portrait von Mathias Kuepper, CEO Kölnmesse Beijing (fotografiert mit Leica MM).
Wie auch immer, dieser sehr intime Umgang mit den Grundlagen der Fotografie (Blende, Fokus, Tiefenschärfe, etc.) zwingt einen dazu alles sehr bewusst und jeden einzelnen Arbeitsschritt zu planen und natürlich zu verinnerlichen. Da ist dann nichts mehr mit “Magic” aus dem Kameraprozessor. Alles ist klar und ich kann genau Ursache und Wirkung benennen. Diese Bewusstheit zieht sich natürlich zwangsläufig bis zur Bildgestaltung durch. Es verbietet sich von selbst, dass man mit RatterRatterRatter bei 20 Bildern pro Sekunde rein prophylaktisch auf ein Motiv mal eben so “draufhält” – denn das würden dann exakt 20 Abfall-Bilder pro Sekunde werden. Und hier schliesst sich dann auch der Kreis. Ich mache mit der M zwangsläufig weniger, aber dafür deutlich bessere und bewusster geplante Bilder. Der Zufall (für Manche das Glück) spielt weitgehend keine Rolle mehr. Wenn ich nun die Bilder in CaptureOne (oder Lightroom) lade, dann ist der Unterschied der reinen Bilderanzahl zu meinen DSLR-Ausbeuten geradezu frappierend. Ich brauche in der Nachbearbeitung inklusive Verschlagwortung praktisch niemals länger als eine Minute pro Bild und dies bei relativ wenig Bildern. Die ganze Zeit, die ich in die Gestaltung und die Planung während des Fotografierens gesteckt habe, bekomme ich nun doppelt und dreifach wieder gutgeschrieben.
Openening-Ceremony (fotografiert mit der Leica M (Typ 240)).
Mit diesen Erfahrungen im Rucksack bin ich dann also zu dem besagten Businesstrip angetreten und zwar nur mit der M – also ohne Netz und doppeltem Boden. Dazu ein 580EXII, einen DFM3 Belichtungsmesser nebst Graukarte, sowie 3 Objektive (Summicron 2/35mm ASPH, Zeiss Pancolar 1.8/50mm, Zeiss Sonnar 4/135mm). Im Vergleich zum üblichen Canon-Gepäck (MkII, 2.8/70-200, 2.8/28-70, TSE 3.5/24, 580EXII, etc.), war das eine drastische Gewichtsreduzierung und somit schon für sich genommen ein Mehrwert. Auf der Messe, z.B. während der Opening-Ceremonie haben sich dann auch die Grenzen der M gezeigt. Muss man tatsächlich mal ein Tele benutzen, dann geht das zwar mit der M, aber die Kombination Life-View und manuelles Fokussieren ist gelegentlich wirklich zu langsam. Besonders dann, wenn man sich im Getümmel mit den Kollegen um jeden halbwegs akzeptablen Platz rangeln muss. Diese halten dann einfach ihre DSLR aus der Menge über den Kopf und hoffen, dass AF und Dauerfeuer wenigstens ein halbwegs akzeptables Bild herauslassen. Irgendwie geht das dann doch schon in Richtung Sportfotografie. Andererseits, macht die M gerade bei den Portraits sowie beim unauffälligen Fotografieren des Standgeschehens den verlorenen Boden wieder mehr als wett. Die DSLRs sind eben alles andere als diskret. Die Reise nach Taiwan im Anschluss zur SNEC bestand eine ganze Woche lang aus immer den gleichen Abläufen: 1) Firma besuchen, Empfang, 2) Interview, während dessen Portraits, 3) Produktionsbesichtigung, 4) Imagefoto vom Chef – und das ganze 4 mal am Tag und 5 Tage die Woche. Bei einem solchen Trott verfällt man schnell der Versuchung, die ganze Sache einfach „abzuschiessen“ – die Fotos sehen am Ende auch entsprechend aus.
Das ist zwar albern, bestätigt aber immerhin doch das Klischee, dass man mit kleinen Kameras nicht ernst genommen wird.
Die M wiederum verweigert sich dieser Routine aus den o.g. Gruenden vehement. „Abschiessen“ geht nicht – und das hat mir definitiv so manches Bild gerettet. Eine kurze Anekdote zu den Produktionsbesichtigungen: manchmal ist es nur eingeschränkt erlaubt, in der Produktion zu fotografieren. Bei einer Firma war es für meinen Kollegen mit einer DSLR (Nikon + 2.8/70-200 + Flashgun) nicht erlaubt zu fotografieren, während ich mit der M und eine andere Kollegin mit einer P&S gerade so durch gerutscht sind. Das ist zwar albern, bestätigt aber immerhin doch das Klischee, dass man mit kleinen Kameras nicht ernst genommen wird.
Interview bei NSP (fotografiert mit der Leica M (Typ 240)).
Produktion bei NSP (fotografiert mit der Leica M (Typ 240)).
Das Fazit dieses Trips ist eigentlich eine Wiederentdeckung: für derlei Reportagen ist die M bestens geeignet. Wiederentdeckung deshalb, weil die Leica ursprünglich auch tatsächlich als einfache, preiswerte und praktische Reportagekamera gedacht war. Man denke nur an Werner Bischof, Robert Capa, Leni Riefenstahl, bis hin zu Jim Rakete oder Jeff Ascough. Doch diese Auswahl von bekannten „Leicaisten“ ist nicht ganz willkürlich. Die genannten Fotografen (und natürlich auch die vielen ungenannten) fotografieren bzw. fotografierten auch mit vielen anderen Kameras. Capa starb mit einer Contax in der Hand, Ascough ist “Canon Ambasssador”, Riefenstahls berühmte Unterwasserbilder entstanden mit der Nikon F3, Jim Rakete nimmt gelegentlich die S2 und schließlich selbst Werner Bischof machte Bilder mit allem was ihm in die Hand fiel. In einem Interview mit dem in Asien sehr bekannten Großformatfotografen Yu Xiang, der auch Gründer der Chamonix Kameramanufaktur ist, hab ich gefragt, ob es für Großformat irgendwelche Einschränkungen gäbe.
“Ja, man kann mit Großformat prinzipiell alles fotografieren. Man erinnere sich an die Bilder für Life, die mit der Graphlex gemacht wurden. Prinzipiell kann man diese Kamera für alle Einsatzzwecke verwenden. Thomas Ruff oder Andreas Gursky zeigen ja das es geht. Ich muss mir genau überlegen, wie das Ziel aussehen soll. Es geht eher darum, was ich damit wirklich machen will oder was die Forderung ist, wie z.B. große Abzüge oder so, als um die Technik selbst. Wenn ich weiß wohin ich will, dann findet sich auch ein Weg. Na ok, bei Sport wird’s doch ein bisschen schwierig (lacht) .”
Und da ist es wieder! Ich muss als Fotograf vorher wissen, was das Ziel sein soll – wie das Ergebnis aussehen soll. Ganz genau so, wie ein Bildhauer, der erst mal nur einen Block aus Stein vor sich hat, doch schon vor seinem inneren Auge sieht, was da am Ende erscheinen soll. Und entsprechend suchen sich der Bildhauer und auch der Fotograf ihre passenden Werkzeuge, aber auch das entsprechende Rohmaterial (Sujet) aus, welches zu ihren gewohnten Werkzeugen passt. Ein Bildhauer, der nur Werkzeuge für Sandstein hat, sollte sich nicht gleich mit dem Granit befassen – womit wir wieder beim Sport wären.
Der Bildhauer mit Material und Werkzeug (fotografiert mit Leica M (Typ 240)).
Dieser Artikel soll auf keinen Fall jemanden zu dem Kauf einer Leica M überreden. Denn überreden ist schlichter Unfug, wenn es um die Auswahl von Werkzeugen geht. Mehr noch, es gibt einen gewissen Kult um die M bzw. Leica ganz allgemein. Mein Rat – unbedingt ignorieren! Quasireligiöse Verehrung seiner Werkzeuge verhindert nämlich, dass man sie intensiv nutzt und damit auch abnutzt, verbraucht und letztlich zerstört. Ich jedenfalls kenne keinen Koch oder Tischler, der sich seine Pfanne oder Hobel in die Vitrine stellt. Die M ist eine Kamera wie jede andere auch. Jep, es ist wirklich nur eine Kamera und nichts mystisches, erotisches, etc. – das ist esoterisches Geblubber. Auch Leica muss mit der Technik dealen und wer die diversen Foren durchstöbert (Stichwort Multifunktionsgriff), der merkt auch, dass sich so eine kleine Firma da zuweilen sehr schwer tun kann. Auch in Wetzlar kocht man nur mit Wasser.
Quasireligiöse Verehrung seiner Werkzeuge verhindert nämlich, dass man sie intensiv nutzt und damit auch abnutzt, verbraucht und letztlich zerstört.
Umgekehrt bekommt man viel zu oft von Leuten, die noch nie mit einer Leica ihre eigenen Erfahrungen gemacht haben, diverse Ratschläge und Kommentare zugesteckt. Auch hier gilt – unbedingt ignorieren! Ganz ehrlich, wer mir gegenüber mit Datenblättern oder gar Zeitschriften-“Tests” zu argumentieren versucht, dem hör ich schlicht nicht zu. Sowohl Esoteriker als auch Datenblatttestfreaks beanspruchen unberechtigterweise meine Lebenszeit für sich. Lebenszeit, die ich viel lieber da draußen beim fotografieren nutzen will.
Schnappschuss aus dem fahrenden Auto heraus (fotografiert mit Leica M (Typ 240)).
Ein berechtigter Einwand, der zu diesem Artikel kommen könnte, ist die Frage nach den diversen Systemkameras. Tatsächlich habe ich mir eine Fuji X100 gekauft und außerdem einige Zeit mit der X-Pro1 geliebäugelt. Doch was mich daran stört, dass ist der kleine Sensor. Ich hab APS schon nicht leiden können als es noch analog war. Und analog ist diese Format ja auch grandios gescheitert. Wer häufig mit MF fotografiert, dem kommt selbst Kleinbild wie ein Kompromiss vor. Die Sensorfläche nochmals um den Faktor 2.6x (APS-C) oder gar 3.8x (µFT) zu schrumpfen, ist ein Kompromiss, den ich nicht mitgehen würde – nicht mitgehen kann. Dies mag in 50% der Anwendungsfälle lediglich eine psychologische Hürde sein, doch wie ich oben schrieb, allein der „Unwillen“ würde mich kolossal ausbremsen. Daher gilt für mich ganz persönlich: Systemkameras? Ja gerne, aber mit einem „richtigen“ Sensor und auch einem Sucher (egal ob elektronisch, optisch oder hybrid), der es mir ermöglicht, mit dem einen Auge Dies und mit dem anderen Das zu sehen. Sollte Fuji die X-Pro1 hin zu einem Kleinbildsensor aufbohren, müssen wir uns hier nochmals treffen (die Sony α 7(R) hab ich bislang noch nicht in der Hand gehabt).
Streetlive in Taipei Ximending (fotografiert mit Leica M (Typ 240)).
Fazit: Die Leica M (Typ 240) ist für mich das ideale Werkzeug für die meisten meiner Einsatzfälle. Ich werde sie in Zukunft sowohl privat als auch beruflich intensiv und bevorzugt nutzen. Ich kann keine realistischen Angaben in der Art „80% M und 10% DSLR und 5% MF 5% Andere“ machen, dies wird die Zeit ergeben. Momentan bin ich auf dem Trip, dass ich möglichst viel mit der kleinen M und möglichst wenig mit den „Trums“ machen möchte. Gleichwohl sind mir das Limit der M bewusst, also beim Sport (außer Angeln und Schach) wird das wohl nichts – oder doch ?
Der Autor:
Sven Tetzlaff ist ein deutscher Fotojournalist in Asien, der abwechselnd in Hangzhou, Hong Kong und Singapore wohnt. Er ist einerseits Freelancer, aber auch Angestellter der Agentur Charlotte Green Co. Ltd. Er schreibt und fotografiert als Freelancer überwiegend für Zeitschriften, Blogs und Webseiten der Erneuerbaren-Energien-Branche und innerhalb der Agentur über alle weiteren möglichen und unmöglichen Themen Asiens – so auch über die Fotografie. Privat und im Netz ist er auf http://sventetzlaff.com oder bei G+ unter dem Pseudonym +MaxsimKammerer https://plus.google.com/+maxsimkammerer/posts zu finden