In unregelmäßigen Abständen gibt es auf meinem Blog Beiträge anderer Fotografen.
Der nachfolgende Text ist ein Gastbeitrag von Antje Meier. Mehr über die Autor findet ihr am Ende des Beitrages. Das Copyright des Textes und der Bilder liegt bei Antje.
Kreatives Fotografieren
Seit ein paar Jahren befinde ich mich in einem Prozess, in dem ich mit meiner Kamera als Werkzeug experimentiere und darüber nachdenke und lese, was es eigentlich heißt, kreativ zu sein und kreative Bilder zu schaffen.
Fotografieren bedeutet „mit Licht malen“, und da finde ich mich in Gesellschaft der Impressionisten des vorigen Jahrhunderts wieder, denen das Licht und die Stimmungen wichtiger waren als eine genaue Abbildung eines Motivs. Obwohl das Wort Fotografie von seiner Herkunft also abstrakte stimmungsvolle Fotografie zulässt, war Fotografie am Anfang gleichbedeutend mit einer „Abbildung der Wirklichkeit“. Meiner Meinung nach gibt es keine „objektive“ Fotografie. Wenn ich z. B. mit einem Fotofreund unterwegs bin und das gleiche Motiv fotografiere, kommen wir mit total verschiedenen Bildern nach Hause. Wir sehen also unterschiedliche Elemente und gebrauchen unterschiedliche Kameraeinstellungen. Fotografie ist meiner Meinung nach in hohem Maße von der Persönlichkeit und Erfahrungen des Fotografen abhängig und eine Deutung der Wirklichkeit.
Aus dieser Erkenntnis heraus nehme ich mir die Freiheit, die Wirklichkeit, die ich sehe und beobachte, auf meine eigene Weise zu deuten. Wirklichkeit bedeutet nicht nur, Motive zu sehen, sondern auch die Stimmung zu fühlen und meine Gedanken wahrzunehmen. Kreativität bedeutet für mich, auf meine Intuition und Gefühle zu hören. Regeln z. B. der Komposition sind nicht mehr so wichtig. Alles ist erlaubt: Ein „Point-of-Interest“ kann in der Mitte oder ganz am Rand des Bildes liegen. Es ist möglich, ein Bild ohne einen scharfen Bereich zu schaffen, ich kann die Kamera bewegen, mehrere Belichtungen in einem Bild machen oder aus einer ungewohnten Position heraus fotografieren. Es gibt unzählige Möglichkeiten!
Manchmal sehe ich hauptsächlich Farben, oder Linien, Formen, Struktur oder Licht, nicht mehr die Landschaft oder Person. Ob der Berg, den ich sehe, Rotsethorn (vor meiner Haustür) oder Feldberg heißt, spielt dann keine Rolle.
Oft ist das Sehen, das genaue Beobachten, der Anfang des kreativen fotografischen Prozesses. Sobald etwas Interessantes auftaucht, beginne ich, mir ein Bild von dem möglichen fertigen Foto zu machen und zu überlegen, welche Technik und Einstellungen ich verwenden muss, um dieses Bild zu schaffen.
Eine andere Möglichkeit eines kreativen Prozesses kann genau entgegengesetzt sein: In meinen Gedanken taucht eine Idee eines Bildes oder einer Serie auf. Nun muss ich gründlich planen, damit ich diese Idee verwirklichen kann. Ein Beispiel sind Bilder, welche ich kürzlich am Strand gemacht habe. Die Idee war, eine Serie zu fotografieren, die meine Sehnsucht zum Meer, zur Weite und Freiheit ausdrückt. Viel Vorbereitung war nötig, bevor ich endlich mit dem Fotografieren beginnen konnte. Diese Bilder sind nicht weniger kreativ als Bilder, die spontan und ohne vorherige Planung entstanden sind.
Die Autorin:
Antje Meier ist eine deutsche Fotografin mit Schwerpunkt auf Naturfotografie und experimentellem Gebrauch der Kamera. Sie lebt an der Westküste von Norwegen, wo die mächtigen Gebirgs- und Fjordlandschaften zu einer „Leinwand“ werden, auf der sie die unterschiedlichen Lichtstimmungen einfängt. Antje hält Workshops, z. B. über das Fotografieren von Nordlicht, Fotografieren auf einem Gletscher und über den kreativen Gebrauch einer Kamera. Sie ist zu finden unter http://antjefoto.no oder auf Facebook https://www.facebook.com/antjemfoto/